Deutsch – Klassenarbeit Nr.1
Textgrundlage: Friedrich
Dürrenmatt: „Der Richter und sein Henker“
Aufgaben:
- Der zehnte Jahrgang des Berner
Gymnasiums beschäftigt sich im Rahmen des Projektunterrichts mit
Kriminalromanen. In Zeiten steigender Kriminalität stehen die im Roman
„Der Richter und sein Henker“ vertretenen Positionen und
Grenzüberschreitungen im Vordergrund. Die Schüler laden Kommissar Bärlach
zu einer Podiumsdiskussion in die Schule ein. Schreibe einen Brief an
Kommissar Bärlach, in dem er zu dieser Podiumsdiskussion eingeladen wird
und formuliere dabei Fragen, damit er sich auf diese Veranstaltung
vorbereiten kann.
Begründe
anschließend, weshalb Bärlach gerade die von dir gestellten Fragen
beantworten sollte.
- Interpretiere das Gespräch zwischen
Dr. Lutz und Oskar von Schwendi ( S. 45 – 55 ).
a)
Beschreibe die Beziehung der beiden Gesprächspartner.
b)
Was kannst du in diesem Gespräch über von Schwendis und über Lutz
Charakter erkennen?
Lösungsvorschläge
KA 1 / Aufgabe 1 : Charakteristik von Bärlach
Bärlach: - schlagfertig, er lässt sich weder von Gastmann, noch von Lutz, noch
von Schwendi einschüchtern.
- ausgezeichneter Denker und Fallensteller
- Wette: These Bärlachs: Die menschliche Unvollkommenheit, die
Tatsache, dass wir die Handlungsweise anderer nie mit Sicherheit
vorauszusagen, und dass wir ferner den Zufall, der in alles hinein-
spielt, nicht in unsere Überlegungen einzubauen vermögen, der Grund
ist, der die meisten Verbrechen zwangsläufig zutage fördern müsse.
Ein Verbrechen zu begehen nannte er eine Dummheit, weil es unmöglich
sei, mit Menschen wie mit Schachfiguren zu operieren.
- Lebensinhalt: Verfolgung von Gastmann
- Hält wenig von Zeitungen, Toten, moderner Kriminalistik,
Ärzten, Protokollen
- "Tote schafft man so schnell als möglich fort, die haben
nichts mehr unter uns zu suchen."
- Liebt stille Polizisten, mehr die Sprache Deutsch als
Französisch (S.14 oben)
- Ist oft ironisch: ">> Man hat nichts gehört als den Motor die
Nacht durch laufen, aber man hat nichts Schlimmes dabei gedacht.
>> Natürlich, wie sollte man auch."
- Hundeszene: "Das Unvermutete der Begegnung, die Mächtigkeit
des Tieres und das Seltsame der Erscheinung lähmten ihn.
Zwar verließ ihn die Kühle seiner Vernunft nicht, aber er
hatte die Notwendigkeit des Handelns vergessen. Er sah nach
dem Tier, unerschrocken, aber gebannt. So hatte ihn das Böse
immer wieder in seinen Bann gezogen, das große Rätsel, das
zu lösen ihn immer wieder aufs neue verlockte."
- geht gerne zu Fuß
- hält Bern(!) für zu klein für Trams und dergleichen
- kann Frau Schönler nicht die Wahrheit über Schmied sagen.
Er weicht aus.
- gibt an Magenbeschwerden auf längere Zeit zu haben
(möglicherweise Krebserkrankung) "die Krankheit, die an seinem Leibe fraß."
nach einer Operation Lebenserwartung nur noch ein Jahr.
- "Abschriften oder Photokopien besitzest du nicht, ich kenne dich."
- ist begeisterter Esser (korpulente Person).
Bittere Ironie: Er ist schließlich
magenkrank.
- hat menschliche Untersuchungsmethoden: Schriftsteller
- hält wenig von Arzneimitteln: Benutzt am Sonntag zum ersten
Mal ein Schmerzmittel.
- Vorurteil: S.42: "Man kennt ja die Samstage, da zeigen die
Beamten die Zähne bloß aus schlechtem Gewissen, weil sie die
Woche über nichts Gescheites gemacht haben." Beamter = Bürohengst
in diesem Fall
- Eine ganze Sammlung von Vorurteilen gegen Schriftsteller s.o.
- Kennt Gastmann sehr gut, so gut, dass er sich von ihm wiederum
reinlegen lässt: "Willst du nicht den Revolver...? Du hast die
Munition herausgenommen. Eben." Die Waffe war geladen.
- ist seinen Gegnern gegenüber unbarmherzig
- schlechter Richter, wenn er Gastmann richtet ohne Beweise und
ohne Prozess
- arbeitet in diesem Buch eigentlich gegen seine Überzeugung:
Er spielt mit Menschen wie mit Schachfiguren, ermordet bewusst
seinen Gegner. Ist tollkühn, nicht mehr vorsichtig. Er setzt
in dieser Story alles auf eine Karte.
Äußerlichkeiten:
- ist über siebzig, hagere Finger, korpulent
- Raucht Zigarren (besonders gerne in Lutz’ Büro!)
- ergrauter, soignierter Herr (Kapitel 14)
- scheint einen "Agentenblick" zu haben: "den Jungen neben sich
aus seinen kalten Augenschlitzen ruhig betrachtend."
- hat ein undurchdringliches Gesicht, undurchdringlichen Blick
KA 1 / Aufgabe 2 :
In dem Kriminalroman „Der Richter und sein Henker“, verfasst
von Friedrich Dürrenmatt, steht der mysteriöse Mord am talentierten Polizisten
Schmied im Mittelpunkt. Dieser hat den Verbrecher Gastmann, mit dem der
Kommissar vor langer Zeit eine Wette geschlossen hat, überführen wollen. Im
Folgenden möchte ich den Rechtsanwalt Oskar von Schwendi und den
Untersuchungsrichter Lucius Lutz charakterisieren und ihr Verhältnis zueinander
analysieren.
Am Anfang des Hauptteils werde ich von Schwendi
charakterisieren. Über sein Äußeres lässt sich sagen, dass er Übergewicht hat
und wahrscheinlich ein stattlicher Mann ist (S.45: „dicke Gestalt“). Er gehört
derselben Partei wie Lutz an, und zwar der konservativen liberal-
sozialistischen Sammlung der Unabhängigen und ist bei einem Parteitreffen zum Großrat
gewählt worden (S.45). Von Beruf her ist von Schwendi Rechtsanwalt und
Nationalrat. Aus dem Text geht hervor, dass er arrogant, anmaßend und
unverschämt sein kann: Gleich zu Beginn des Gespräches rügt er den Richter
wegen des forschen Vorgehens der Polizei (S.45: „…wie es da deine Leute von der
Berner Polizei treiben…“ oder S.48: „diese unverfrorene Antwort“). Auch scheint
er manchmal viel zu reden (S. 46 „…vor seinen endlosen Tiraden…“). Als Jurist
scheut er nicht davor zurück, üble Tricks zu verwenden, um seinen Willen
durchzusetzen. So schüchtert er z.B. den Richter ein, verunsichert und verwirrt
ihn. Ferner kann er Menschen durch „das rücksichtslose Vorgehen“ (S:47)
manipulieren (S. 51: …, dass er sich beeinflussen ließ…“). Während des
Gesprächs ist er beharrlich (S. 48: „ließ sich nicht beirren“) und dominant.
Aus Seite 50 geht hervor, dass er den Richter „zappeln“ lässt. Erst im
richtigen Moment legt von Schwendi die Karten offen auf den Tisch und teilt
Lutz mit, dass an den Treffen ausländische Gesandtschaften teilnähmen, die
offensichtlich nicht unter der Polizeigewalt stehen (S. 52: „fremde Mächte“;
„Weltpolitik“). Alles in allem ist er ein Mann, der redegewandt und raffiniert
ist.
Jetzt möchte ich den Untersuchungsrichter Lucius Lutz
charakterisieren. Der Leser erfährt nichts über sein Aussehen, jedoch lässt
sich anhand seines Verhaltens vermuten, dass er hager und kleinwüchsig ist. Wie
vorher erwähnt, gehört er der Partei der konservativen liberal- sozialistischen
Sammlung der Unabhängigen an, ist jedoch in keiner einflussreichen Stellung
(S.45). Anscheinend hat er einst Chicago besucht und schwärmt seitdem für die
dortigen kriminalistischen Techniken (S:46: „…wenn ich an Chicago denke“).
Gleichzeitig betrachtet er „unsere Lage“ als „trostlos“ (S.46). Zudem erfährt
man, dass er Tiere mag und einen Hund hat. Aus dem Gespräch geht hervor, dass
Lutz wenig Selbstbewusstsein hat und wahrscheinlich an
Minderwertigkeitskomplexen leidet. Er lässt sich äußerst leicht einschüchtern
(S.46, Z.5), verunsichern und verwirren (S.46: „…fragte Lutz verwirrt….nun
schon ganz unsicher…“). Bisweilen wirkt er auch hilflos (S.47, Z.2).
Nun möchte ich das Verhältnis der beiden zueinander
ansprechen. Vor dem Gespräch scheint es- oberflächlich betrachtet- recht gut zu
sein: Von Schwendi unterstützt Lutz vergeblich bei der Wahl zum Großrat und
fängt an, ihn zu duzen (S.45). Lutz jedoch empfindet jedoch das Treffen als
„peinlich“ (S.46) und verspürt Angst, „vor seinen endlosen Tiraden“ (S.46). Im
Laufe des Textes lässt sich erkennen, dass von Schwendi den Ton angibt und den
Richter manipulieren kann (S.51). Die Folge ist eine Untersuchung, die nicht
objektiv geführt wird. Lutz wirkt einfallslos und hilflos (S. 52): Er ist dem
Juristen schonungslos ausgesetzt (S.47) und kann sich nicht zur Wehr setzen
(„Diese unverfrorene Antwort schmetterte Lutz so nieder, …“, S. 48). Dies führt
dazu, dass das Gespräch nicht ordnungsgemäß geführt wird und dem Richter
„Zugeständnisse“ aufgezwungen werden (S.51), er ist dem Rechtsanwalt unterlegen
(S.47), was ihm auch bewusst wird. Somit ist das Verhältnis der beiden
angespannt. Am Ende des Gesprächs schlägt von Schwendi versöhnlichere Töne an
(S. 54 „Lützchen“, S.55 „Doktorchen“: Er bezeichnet Lutz also mit dem
Deminutiv). Meiner Meinung nach sollte Lutz selbstbewusster und sicherer
auftreten und sich nicht von der „Neuigkeit“ (S.47), also der von Schwendis
Mitteilung, dass der ermordete Schmied bei seinem Klienten widerrechtlich und
auf eigene Faust ermittelt habe, beeindrucken zu lassen, um die Ermittlungen
vorschriftsgemäß durchzuführen.