Mutter Theresa
Ein ganz
normales Kind
Am 26. August 1910 wurde Mutter Teresa
in Skopje, der Hauptstadt von Mazedonien
geboren.
Sie war die jüngste von drei Kindern. Ihr
Familienname war Bojaxhiu, und als sie ein
Tag alt war, wurde sie auf den Namen Agnes
Gonxha getauft: Das bedeutet
"Blütenknospe".
Sie war in einer sehr glücklichen Familie
zur Welt gekommen. Ihr Vater war ein
lebhafter
Mann, der sich politisch engagierte, ihre
Mutter war klug und energisch aber sehr
gütig.
Die Bojaxhius waren eine sehr gläubige
katholische Familie und wenn ihre Mutter
Arme versorgte, war die kleine Agnes oft
dabei.
Als Agnes acht Jahre alt war starb ihr
Vater. Die Familie verlor fast alles und der
Kummer Ihrer Mutter war so groß, dass sie
alle Verantwortung auf die älteste Tochter
Age übertrug. Doch bald überwand die Mutter
die Niedergeschlagenheit. In dieser Zeit
lerne Agnes, dass man dem Unglück und der
Armut mit Unternehmergeist begegnen kann.
1924 verließ Agnes Bruder Lazar die Familie
und besuchte die Militärakademie. Die
beiden Töchter besuchten die höhere Schule
und bekamen dort sehr gute Noten. Mit
achtzehn stand für Agnes ihr Berufswunsch
fest. Sie wollte Missionarin werden.
Agnes
wird Ordensschwester
Agnes erfuhr von dem irischen Orden der
Schwestern von Loreto.
Der eintritt jedoch, war gar nicht einfach.
Sie musste zuerst nach Paris fahren, um sich
der Äbtissin vorzustellen. Das
Vorstellungsgespräch verlief erfolgreich.
Sie wurde zur Lehre als Ordensschwester
(Noviziat) nach Dublin in Irrland geschickt.
Dort konnten sich die jungen Schwestern in
Stille und gehorsam klar werden, ob sie sich
für den Orden entscheiden wollten.
Am 23. Mai 1929 wurde Agnes Novizin und
bekam den Namen Teresa. Am 24. Mai 1931
legte sie ihre ersten zeitlichen Gelübde ab,
die Gelübde der Armut, der Ehelosigkeit und
des Gehorsams. Sie arbeitete als Lehrerin in
half im Krankenhaus in Darjeeling, einer
Stadt des Himalaja. Hierbei wurde sie
erstmals mit dem Elend konfrontiert. Nach
ihrer Versetzung an das Kloster in Kalkutta
legte sie am 14. Mai 1937 ihre Ewigen
Gelübde ab und wurde Direktorin der St. Mary
- Schule. Die Schwestern lebten innerhalb
des Kloster und verließen diese nur selten.
Umbruch und Gewalt
Neunzehn Jahre lang führte Schwester
Teresa das abgeschiedene Leben einer Nonne
des Lorete-Ordens. Ihr Leben war geprägt
durch Ruhe, Disziplin, Arbeit und Gebet.
Außerhalb der Klostermauern waren jedoch
Veränderungen im Gange. Im Jahre 1943 gab es
in Bengalen eine große Hungersnot bei der
viele Menschen nach Kalkutta flohen. Fünf
Millionen Menschen kamen um. Es gab Krieg
zwischen Japan und Burma. Im Jahr 1946
passierte wieder schreckliches. Vor der
Trennung zwischen Indien und Pakistan
bekämpften sich Hindu und Moslems und es kam
im August 1964 zu einem fünftägigen Gefecht,
bei dem 4000 Menschen um kamen. Die
Schwestern innerhalb der Klostermauern
bekamen diese furchtbare Lage nicht mit.
Auf ihren seltenen Ausflügen und Reisen
erkannte Schwester Teresa das große Elend
der Bevölkerung.
Die Berufung
Schwester Teresa begab sich jedes Jahr
zum beten und nachdenken in die Berge. Auf
einer solchen Reise, am 10. September 1946,
kam sie zu der Überzeugung, dass sie von
Gott berufen sei, eine neue Aufgabe bei den
Ärmsten von Kalkutta wahrzunehmen. Sie
glaubte fest daran, dass sie ihre Stellung
als Direktorin sowie die Schule und den
Orden verlassen musste. Als der Erzbischof
in das Kloster kam, bat sie ihn um die
Genehmigung den Orden verlassen zu dürfen.
Dieser vereinbarte mit Schwester Teresa ein
Jahr Bedenkzeit.
Abschied von Loreto
Im Juli 1948 kam der Erlass, der sie von dem
Verbot, das Klostergelände zu verlassen,
befreite.
Sie war jedoch weiterhin Ordensschwester und
an das Gelübde gebunden. Der Abschied von
Loreto fiel Schwester Teresa sehr schwer,
denn das Kloster war fast zwanzig Jahre ihr
Zuhause gewesen.
Am 16. August verließ sie das Kloster mit
einer kleinen Kreuz und einem Rosenkranz
sowie einem Sari aus billiger weißer
Baumwolle mit einer blauen Borde. Es war ein
Sari, wie die bengalischen Frauen ihn
trugen. Dieser sollte ihr die bisherige
Tracht ersetzen.
Bei den missionsärztlichen Schwestern
Schwester
Teresa begab sich zu den Missionsärztlichen
Schwester in Patne, einer Stadt, die 390
Kilometer von Kalkutta entfernt war um dort
mehr über die Pflege von Kranken und
Sterbenden zu lernen. In diesem Krankenhaus
lernte sie die Menschen kennen, besonders
die kranken Menschen. Sie lernte, sie zu
verstehen und mit ihnen zu leben.
Von den Schwestern des Krankenhauses konnte
Schwester Teresa vieles lernen. Vor allem
wurde ihr klar, dass sie sich nicht durch
fasten selbst schwächen durfte und, dass die
Reinlichkeit große Bedeutung bei der
Krankenpflege hatte. Sie wusch sich und ihre
Kleidung jeden Abend sehr gründlich.
Im Dezember 1948 kehrte sie nach Kalkutta
zurück um in den Slums die Ärmsten zu
betreuen.
Die Arbeit beginnt
Sie gründete in den Slums von Kalkutta
eine Schule ohne Stühle, Tische, Tafel oder
Kreide. Sie schrieb die Buchstaben mit einem
Stock in die Erde. Für ihr Essen bettelte
sie in den umliegenden Klöstern.
Allmählich erfuhren ihre früheren
Klosterschülerinnen von ihr und kamen
gelegentlich um ihr zu helfen. Die Schar
ihrer Helfer wurde immer größer, so dass sie
sich bald nach einer größeren Bleibe umsehen
musste. Ein Mann Namens Michael Gomes
stellte ihr in seinem Haus ein Stockwerk zur
Verfügung. Auch gingen die ersten Spenden
für Medikamente ein.
Im März 1949 kam eine frühere Schülerin zu
ihr. Obwohl diese aus einer sehr reichen
Familie stammte, hatte sie sich entschlossen
Schwester Teresa bei ihrer Arbeit in den
Slums von Kalkutta zu helfen. Bald schlossen
sich ihnen weitere Frauen an.
Fünf gegen die Armut
Fünf Frauen gegen das Leid und Elend
einer riesigen Stadt. Nur der
unerschütterliche Glaube konnte die
Schwestern aufrecht erhalten. Sie hatten
sehr wenig Geld, aber immer wurde ihnen
geholfen, wenn sie etwas brauchten. Sie
sammelten in den Häusern das übrig
gebliebene Essen um es den Hungernden zu
verteilen.
Lange nach dieser ersten Zeit gründete
Schwester Teresa die Protima-Sen-Schule. Es
war eine Schule für schwererziehbare Kinder.
Oft arbeiteten die Schwestern bis zu
einundzwanzig Stunden am Tag und gingen
somit an die Grenze ihrer
Leistungsfähigkeit. Aber sie waren immer
freudig und glücklich und das lachen
verstimmte bei ihnen nie.
Die Missionarinnen der Nächstenliebe
Die Schwestern wurden von der
katholischen Kirche noch nicht als Orden
anerkannt. Sie hatten auch noch keine festen
Ordensregeln. Aber sie lebten wie
Ordensschwestern. Sie stellten genaue
Arbeitspläne auf und planten auch genügend
Zeit zum Lernen ein.
Die Zahl der Schwestern stieg. Schwester
Teresa nahm die indische Staatsbürgerschaft
an. Sie schrieb die Ziele ihrer kleinen
Gemeinschaft auf, und die Ordensregeln nach
der sie lebten. Den Gelübden der Armut, der
Ehelosigkeit und des Gehorsams fügte sie ein
weiteres hinzu: "rückhaltlosen und freien
Dienst an den Ärmsten der Armen zu leisten".
Die Leistungen der Schwestern beeindruckte
auch die Kirche und am 7. Oktober 1950
wurden die Missionarinnen der Nächstenliebe
vom Papst anerkannt. Schwester Teresa war
nun Mutter Theresa, die Begründerin der
Missionarinnen der Nächstenliebe geworden.
Das Mutterhaus
Innerhalb zwei Jahre stieg die Zahl der
Schwestern auf einundzwanzig an.
Als Indien geteilt wurde verließen viele
Moslems ihr Zuhause um nach Pakistan zu
gehen. Einer dieser Moslems schenkte ihnen
sein Haus. Dies wurde zum Mutterhaus des
neuen Ordens.
Das Mutterhaus war ein Hafen der Ruhe für
die Schwestern. Dort kochten sie auch für
die Armen oder teilten Medikamente aus.
Besonders kümmerten sie sich um die Kinder,
die oft ausgesetzt wurden. Sie suchten in
der ganzen Welt Adoptieveltern für die
kleinen und sorgten dafür, dass sie in guten
Familien aufwuchsen. Zwei Jahre nach der
Errichtung des Mutterhauses waren die
Schwestern in ihren weisen Saris bereits ein
vertrauter Anblick auf den Straßen Kalkuttas
in denen acht Millionen Menschen lebten und
200.000 ohne Zuhause auf der Straße lebten.
Einmal fand Mutter Teresa eine Frau in der
Gosse, die von Ratten und Ameisen halb
aufgefressen worden war. Sie hob sie auf und
brachte sie in ein Krankenhaus. Dort wollte
man die Frau nicht aufnehmen, da sie kein
Geld hatte und im Sterben lag. Mutter Teresa
rührte sich nicht vom Fleck, bis das
Krankenhaus der Sterbenden ein Bett
überließ.
Wie wird man eine Schwester der
Nächstenliebe
Es
dauern ca. neun Jahre, bis die Ewigen
Gelübde abgelegt werden können.
Die meisten Anwärterinnen beginnen als "Come-and-see".
Sie kommen und sehen erst einmal was sie
erwartet. Zuerst arbeiten sie als
Assistentinnen im Kinderheim und im
Sterbeheim, wo sie die Patienten waschen,
füttern und Pflegen. Nach einem Jahr werden
sie Novizinnen und beginnen die Ausbildung.
Sie studieren gründlich die Heilige Schrift,
Theologie, Kirchengeschichte und die
Verfassung der Ordensgemeinschaft und wenn
nötig erlernen sie Englisch. Nach zwei
Jahren legen sie ihre ersten Gelübde ab und
erhalten die Saris mit den drei blauen
Streifen. Sie erneuern ihr Gelübde nach dem
vierten und fünften Jahr.
Im Sechsten Jahr gehen die Schwestern nach
Kalkutta oder Rom um sich innerlich auf das
neue Leben vorzubereiten. Dann legen sie die
Ewigen Gelübde ab und verschreiben sich für
ihr ganzes Leben den Missionarinnen der
Nächstenliebe.
Geschenke der Liebe
Mutter Teresa machte sich nie Sorgen
darüber, dass sie einmal kein Geld haben
würde, um ihre Arbeit tun zu können. Sie war
sicher, dass sie es bekommen würde. Von der
Regierung, von den Reichen, von den Armen
aus anderen Ländern, in denen die Armut
nicht so schlimm war wie in Kalkutta.
Es gab kleine Gaben, große Gaben, Geld, das
man ihr in Bussen, Zügen und auf der Straße
in die Hand drückte. Als 1964 der Papst
Indien besuchte, überließ er Mutter Teresa
das schöne Auto. Sie versteigerte es und
verwandte das Geld für die Armen.
1973 stellte man ihr ein riesiges Gebäude
zur Verfügung, das früher ein Labor war. Sie
nannte es" Geschenk der Liebe" und versorgte
darin Schwerkranke und Geisteskranke. Sie
ließ leere Kokosnussschalen sammeln, die die
Straßen verschmutzten. Daraus konnte man
Seile und Taschen herstellen. Sie ließ
Abfallpapier sammeln und daraus Tüten
fertigen. So bedeuteten Abfälle Arbeit für
viele Menschen.
Weiter und weiter
Krankenhäuser, Herbergen, Schulen und
Kliniken schossen überall in Indien wie
Pilze aus dem Boden. Als Anerkennung ihrer
Arbeit erhielt Mutter Teresa von Vereinen
und Regierungen Orden und Auszeichnungen.
Die Welt begann Mutter Teresa zu entdecken.
1965 eröffnete Mutter Teresa eine
Missionsstation in Venezuela, 1967 eine
weitere in Ceylon.
1979 erhielt Mutter Teresa den
Friedensnobelpreis. Sie nahm alle Ehrungen
dankbar an , denn ihrer Ansicht nach galten
sie nicht ihr, sondern den Armen, denen sie
diente.
Nach Auffassung von Mutter Teresa war
Einsamkeit schlimmer als Mangel an Essen und
Wärme. In London und in New Jork begegneten
ihr Menschen, die von der wohlhabenden
Gesellschaft ausgestoßen waren und in
einsamen Zimmern oder auf Kisten auf der
Straße lebten.
In Amerika stieß sie zum ersten Mal auf das
Drogenproblem. Sie schickte ihre Schwestern
nach Amerika und nach London. So ging es
weiter und weiter. Dreihundert Klöster
entstanden in Peru, Nordirland, Venezuela,
Neuguinea, Australien, Frankreich,
Äthiopien, Spanien, Chile, Panama und
Kenia.
Eine Frau, Eine Welt
Am 5. September 1997 verstarb eine Frau,
die im August 1948 leise durch die Tore
ihres Klosters hinaus ging. Sie hatte ein
Jahr um zu zeigen , dass der Ruf Gottes, an
den sie glaubte Wirklichkeit war. Was konnte
sie tun, diese kleine Nonne, die nur als
Lehrerin ausgebildet war?
Sie konnte die Welt verändern! |